Warum angehende Lehrer nach ihrer Schulzeit gefragt werden

Der Kollege Bob Blume hat eine Möglichkeit vorgestellt, Unterricht zu planen, und um Meinungen und kurze Statements dazu gebeten. Mein Statement ist etwas ausführlicher geworden…

Das Referendariat beginnt, und schon sitzt man mit Mitreferendaren in einem Raum, gern im Kreis und macht betretene Gesichter. Oder aufgeregte, neugierige Gesichter, oder Pokerfaces. Kennenlernrunde: Wer kennt sich schon von vorher, aus dem Studium oder so, wer ist sich gegenseitig sympathisch?
Man schaut sich um, alles ist neu, alles ist anders, und dann kommen diese Fragen: „Wie fanden Sie die Schule als Schüler?“, „Wie waren Ihre besten Lehrer?“, „Was waren Unterrichtsstunden, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind?“… Häufig greifen Ausbilder gerade zu Beginn des Referendariats auf die Schulzeit der Referendare zurück. Man kommt ins Gespräch, erste Gruppenprozesse kommen ins Laufen: Wo sind die Stillen, die Lauten, die Bedachten, die Kreativen?

Aber es geht noch um mehr: Es geht darum Haltungen und Einstellungen zu reflektieren, und so den Blick auf den eigenen Unterricht zu schärfen.

Letztlich ist es so: Die Planung von Unterricht ist aufwenidg und vielschichtig. Vom Stoffverteilungsplanz zum Sequenzplan bis zur Planung von Dienstag vierter Stunde ist es ein weiter Weg. Am Ende steht aber eben die wirkliche Unterrichtsstunde vor echten Schülern, und zur Planung jeder Unterrichtsstunde gehört dieser eine Augenblick, in dem der Lehrer sich zurück in seine eigene Schulzeit versetzt, und sich fragt, wie er damals die geplante Stunde erlebt hätte: Was hätte er gedacht, was hätte er gelernt, was hätte er getan an diesem Dienstagvormittag?

Klar, dieser virtuelle Schüler wäre gutwillig, ausgeschlafen und am Thema interessiert. Wenn sich jetzt aber trotzdem herausstellt, dass dieser imaginäre Schüler – das Destillat der idealen Zielgruppe – in der Stunde eigentlich nur ein Statist wäre, dann ist die Vorbereitung zu lehrerlastig, und der Erwachsene muss zurück an den Schreibtisch.

Lehrkräfte sind Veranstalter von Unterricht, nicht Performer.

Unterricht ist nichts, was allein der Lehrer tut – wäre der Lehrer der einzige Aktive, dann wären die Schüler recht überflüssig (mal ganz abgesehen von konstruktivistischen Lerntheorien, nach denen Lernen im Kopf des Schülers passiert, also aktiv ist, mindestens hirnaktiv). Die Lehrkräfte sind Veranstalter von Unterricht, nicht Performer.
Der gerade skizzierte Perspektivwechsel, weg von „was mache ich?“ und hin zu „was tun die Schüler?“, ist einer der ersten und wichtigsten Schritte hin zu einem erfolgreichen Lehrer.

Und eben diesen Perspektivwechsel wollen Lehrerausbilder erleichtern, indem sie fragen, wie der Unterricht früher mal war. Denn eins ist klar: Irgendwelche tollen Sachen müssen ja in der Schulzeit der Junglehrkräfte passiert sein, sonst wären die jetzt ja nicht da, wo sie sind.

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